Das Sein bestimmt das Bewusstsein
Die faschistische Kritik am Kapitalismus ist keine neue Erscheinung. Wie alle anderen Denktraditionen und Ideologien muss auch der Faschismus zur vorherrschenden Wirtschaftsweise und ihrem Einfluss auf die Gesellschaft eine Haltung entwickeln. Schließlich sind die Auswirkungen des Kapitalismus für jede politische Organisation und ihre Mitglieder deutlich spürbar. Bis heute dient folgerichtig der „Strasser Flügel“ der NSDAP, dem prominente Parteimitglieder wie Otto und Gregor Strasser, sowie zeitweise Joseph Goebbels angehörten, als Vorbild für mit der Arbeiterbewegung besonders verbundene Faschist*innen. Schon diese Faschist*innen der ersten Stunde setzten dabei einige Trends für die faschistische Kapitalismuskritik. Zentrale Forderungen der Arbeiterbewegung wie die Abschaffung des Privateigentums werden abgelehnt. Stattdessen wird viel über den Sozialismus geredet, ohne inhaltlich besonders klar zu werden. Statt Inhalten und Forderungen soll viel Pathos die deutschen Arbeiter*innen stolz machen und ihnen den Faschismus nahe bringen. Diese Form der Kapitalismuskritik fand in den folgenden Jahrzehnten verschiedenste Nachahmer*innen. Besonders offensiv zeigten sich die Autonomen Nationalisten in der Tradition des faschistischen Antikapitalismus. Das im deutschsprachigen Raum genutzte Logo der Bewegung war ein mit einem roten Schwert gekreuzter roter Hammer, das Logo des „Strasser“ Flügels der NSDAP.
Auch der III. Weg sieht sich in dieser Tradition. Doch während die Autonomen Nationalisten außerhalb von Slogans und antikapitalistischer Symbole wenig inhaltlich beitragen konnten, nimmt der III. Weg für sich in Anspruch seine Weltanschauung theoretisch begründen zu können. Der Deutsche Sozialismus, wie die Partei ihren Sozialismus nennt, wird in der Grundlagenbroschüre „National – Revolutionär – Sozialistisch“ beschrieben. Für diesen Text wurde die erste Auflage von 2017 verwendet. Auch für den Aktivismus der Partei ist ihr Antikapitalismus selbstverständlich relevant. Dazu zählen weihnachtliche Geschenkaktionen an bedürftige Deutsche oder Flugblätter, die die Kampagne Deutsche Wohnen & Co enteignen unterstützen. Höchste Zeit also diesen Ideen die antifaschistische Aufmerksamkeit zu verschaffen, die sie verdienen. In diesem ersten Kapitel widmen wir uns der Utopie des III. Wegs dem „Deutschen Sozialismus“. Das zweite Kapitel mit der Analyse des Kapitalismus durch den III. Weg und das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der Haltung des III. Wegs zum Kommunismus.
Auch wenn die faschistische Kapitalismuskritik an vielen Stellen löchrig ist und für Kommunist*innen und Anarchist*innen wie eine billige Kopie der eigenen Ideen wirkt, wäre es ein Fehler die Vorstellungen des III. Wegs nicht ernst zu nehmen. Wer sich in die Ideologie von Faschist*innen hinein denken kann bemerkt, dass die Ideen unter gewissen Vorannahmen logisch erscheinen und ineinander greifen. Für das Verständnis dieser Ideen ist es außerdem wichtig sich in einen Menschen hineinzudenken, der an die Existenz von menschlichen Rassen glaubt und daraus verschiedene Völker ableitet, die bewahrt werden müssen.
Der Deutsche Sozialismus
Philosophie
In der folgenden Auseinandersetzung mit den Inhalten und politischen Forderungen des III. Wegs wird sich zeigen, dass viele moderne Probleme der lohnabhängigen Bevölkerung wie auch eindeutig bewiesene naturwissenschaftliche Grundlagen vom III. Weg nicht angesprochen oder ignoriert werden. Der Grund dafür liegt nicht in etwa in der Dummheit der Aktivist*innen der Partei, sondern vor allem in einem anderen Blickwinkel auf unsere Welt. Mit diesem Blickwinkel steht die Partei nicht alleine da. Wenn die Menschen wissenschaftlichen Wahrheiten folgen würden, wären schließlich auch Religionen schon lange kein Bestandteil des menschlichen Zusammenlebens mehr.
Ein wichtiger Bestandteil dieses Blickwinkels ist die Ablehnung des Materialismus durch den III. Weg. Die philosophische Strömung des Materialismus besagt, dass alle Dinge aus Materie bestehen und dass Geist und Bewusstsein aus materiellen Interaktionen resultieren. Das bedeutet, dass unsere Ideen von Dingen und Gesetzmäßigkeiten bestimmt werden, die uns umgeben. Daher ist es im Materialismus sehr wichtig, dass wir unsere Umwelt, unser soziales Leben und andere Grundlagen der Welt verstehen. Aus diesem Verständnis würde dann ein Materialist sein Handeln ableiten. Der III. Weg hingegen nennt seinen Deutschen Sozialismus einen Sozialismus des Geistes. Dieser Sozialismus des Geistes hat im Gegensatz zum Materialismus nicht seine Wurzeln in der Aufklärung, die sich durch den Glauben an Vernunft, Wissenschaft und Fortschritt auszeichnet. Die faschistischen Ideen sind stattdessen aus Ideen der Gegenaufklärung entstanden. Für den Faschismus bestimmen daher Emotionen, Instinkthandlungen und Mythen das menschliche Zusammenleben.
Allerdings können auch Faschist*innen die Naturwissenschaften nicht einfach ignorieren. Ihre Strategie ist es so zu tun, als wären ihre Überzeugungen durch die Naturwissenschaften belegt worden. Hier spielen die pseudo- naturwissenschaftlichen Rassentheorien aus der Zeit des Nationalsozialismus eine Schlüsselrolle. Für den III. Weg sind Rassen und kulturell abgegrenzte Völker mit besonderen biologischen Anlagen die Grundlage der eigenen Weltvorstellung. Jedes Volk kann nach dieser Weltsicht diese besonderen Anlagen nur zur Entfaltung bringen, wenn es im angestammten Lebensraum in einer Gemeinschaft unter Gleichen lebt. Obwohl die Theorie der menschlichen Rassen in der Genetik widerlegt wurde, behandelt der III. Weg sie als erwiesene Tatsache und baut darauf die eigene Ideologie auf
Es spielt für die Partei also keine Rolle, dass die eigenen politischen Vorstellungen nicht von naturwissenschaftlichen Erkenntnissen geleitet sind. Aus der Sicht des III. Wegs sind die Gedankenspiele nationalistischer Theoretiker*innen und lange widerlegte Rassentheorien gleichwertig gegenüber Ideen, die auf der Analyse unserer Welt beruhen. Diese Verwerfung von Fakten bedeutet allerdings nicht, dass der III. Weg nur an vollkommen verrückte Ideen glaubt. Das Weltbild der Nazis ist logisch aufgebaut und ergibt in der eigenen zurechtgeschusterten Realität Sinn. Auch an dieser Stelle zeigt sich die Ähnlichkeit zu Religionen. Es wird aus realen Problemen, rassistischen Vorstellungen und oberflächlicher Kapitalismuskritik eine Weltanschauung zusammengemixt, die insbesondere in einer durch AFD, Verschwörungstheoretiker*innen, völkischen Nationalist*innen und Esoteriker*innen geprägten Welt bei Menschen verfangen kann. Eine stichhaltige Analyse des Kapitalismus oder ein Verständnis der Zusammensetzung moderner Gesellschaften und ihrer Herrschaftsverhältnisse ist nicht die Grundlage für den Deutschen Sozialismus. DerDeutsche Sozialismus besteht aus der Aufopferung für die Volksgemeinschaft, dem Kampf gegen die Feinde des Volkes und dem Erhalt von Blut und Boden.
Ökologie
Die Erhaltung des Lebensraums ist für den III. Weg eine zentrale Aufgabe. Im Gegensatz zu anderen faschistischen Kräften wie der AfD werden ökologische Probleme durchaus als derart wichtig erachtet, dass sie die Erhaltung des Lebensraums gefährden. Allerdings unterscheidet sich die Naturverbundenheit des III. Wegs trotzdem von der vor allem links geprägten Umweltbewegung deutlich. Denn während für die linke Umweltbewegung der Erhalt von besonders einzigartigen Ökosystemen, die globale Biodiversität oder eine umweltverträgliche Produktion für die Bedürfnisse der Menschen im Vordergrund steht, bleibt für den III. Weg weiterhin das deutsche Volk bestimmend. Das bedeutet, dass beispielsweise der globale Faktor der Umweltzerstörung kaum eine Rolle spielt. Themen wie der Klimawandel oder das Artensterben fehlen.
Stattdessen wird eine eher esoterische Naturverbundenheit präsentiert. Der Deutsche genießt nämlich seine Natur sehr gerne, schätzt den Wert von Boden und Wald und bedient sich bei Bedarf aus ihr. Diese Natur sorgt dann auch für qualitativ hochwertige Rohstoffe, mit denen sozial und ökologisch nachhaltige Produkte hergestellt werden können. Eine maximale Profitgenerierung wie im Kapitalismus ist nicht vorgesehen. Stattdessen begrüßt der Deutsche Sozialismus Anbau im eigenen Garten, natürliche Energiequellen aus Wasser, Wind und Sonne, eine umweltbewusste Verkehrspolitik, sowie den Erhalt der Tier- und Pflanzenwelt. Die wohl radikalste Forderung ist alle Großstädte mit über 100.000 Einwohnern menschen- und familiengerecht zurück- und umzubauen. Die zunehmende Verstädterung soll dauerhaft gestoppt werden.
Bis auf den letzten Punkt kann man alle diese politischen Forderungen in den meisten linken ökologischen Gruppen finden. Dass der III. Weg ausgerechnet das deutsche Volk als besonders naturverbunden identifiziert, obwohl im Industrieland Deutschland Wildnis kaum existiert und die meisten Volksgenoss*innen in ihrem Leben vor allem durch Industriewälder gewandert sind, ist auf den ersten Blick überraschend. Für den III. Weg muss das deutsche Volk aber naturverbunden sein, denn ein Volk welches seine eigene Lebensgrundlage zerstört, ist für die eigenen Zwecke eher ungenügend. Schuld an der lokalen Umweltzerstörung ist daher natürlich einzig der globale Kapitalismus, der die eigentlich besonders naturverbundenen Deutschen an dem Erhalt ihres Bodens hindert.
Besonders auffällig sind beim Thema Ökologie die Probleme, die eine rein auf das deutsche Volk verengte Weltsicht mit sich bringen. Ökosysteme machen bekanntlich vor nationalen Grenzen nicht halt und eine globale Allianz der Nationalist*innen gegen Ozonlöcher, den Klimawandel oder das gemeinsame Retten bedrohter Tierarten wäre eher überraschend. Zwar fordert der III. Weg eine europäische Eidgenossenschaft und sieht eine gewisse internationale Zusammenarbeit als hilfreich an, jedoch widerspricht eine für diese Probleme notwendige intensive globale Zusammenarbeit der faschistischen Ideologie. Es dürfte äußerst schwer fallen Staaten mit einem aggressiven Nationalismus zur Bewältigung von Problemen zu bringen, die selbst die heutige Staatengemeinschaft kaum gelöst bekommt.
Gemeinschaft
Neben dem Erhalt des Bodens für die Volksgemeinschaft ist auch die Wiederherstellung eben dieser Gemeinschaft ein zentrales Anliegen des III. Wegs. Der Kampf um die Gemeinschaft ergibt sich aus dem völkischen Denken der Partei. Ohne Gemeinschaft würde das deutsche Volk in alle Winde verstreut leben und sich dadurch wohl kaum noch miteinander identifizieren. Der biologische Erhalt dieses Volkes wäre dadurch unwahrscheinlich und gemeinsame Interessen könnten nur schwer vorgebracht werden. Während Gemeinschaft bestmöglich gefördert wird, ist Individualismus überhaupt nicht gerne gesehen. Genauer gesagt wird jede individuelle Ansicht, die der Volksgemeinschaft widerspricht, abgelehnt. Auch hier zeigt sich die Ablehnung von Ideen aus der Aufklärung. Es soll nicht der vernunftbegabte Mensch nach bestem Wissen und Gewissen gefördert werden, damit er sich entfalten kann, sondern der Einzelne hat sich der Gemeinschaft vollkommen unterzuordnen. Es soll erst gar nicht bekannt werden, dass es auch Menschen gibt, die kein Interesse an dieser Volksgemeinschaft haben.
Besonders deutlich wird der Stellenwert der Gemeinschaft für den III. Weg, wenn man sich mit dem gesellschaftlichen Idealbild der Partei beschäftigt. Für den III. Weg verkörpert nämlich niemand das Prinzip Gemeinnutz vor Eigennutz so sehr wie der Soldat. Diese Auswahl ist für alle, die sich mit Faschismus auskennen logisch, allerdings sollte trotzdem kurz geklärt werden, warum nicht Ärzte, Pfleger*innen oder Erzieher*innen diesen Platz einnehmen. Der Soldat ist an dieser Stelle der ehrenhafte Verteidiger der Interessen der Volksgemeinschaft, wobei er seine individuellen Interessen vernachlässigt. Soldatische Tugenden sind deshalb eine grundlegende Voraussetzung für den Nationalen Revolutionär, damit er das verhasste liberale System zerstören kann. Diese Betonung auf Kampf, Durchsetzungsvermögen und der Bereitschaft für die Gemeinschaft zu sterben, lässt die Herzen von Nazis einfach weit höher schlagen als andere Berufe, die sich kaum weniger durch Selbstaufopferung für andere Menschen auszeichnen. Ein aggressiver Nationalismus braucht nun mal in aller erster Linie rücksichtslose Krieger. Der Soldatenkult und eine Gemeinschaft, die jedes Abweichen schwer bestraft sind natürlich keine neuen Ideen des III. Wegs. Diese Ideen wurden eins zu eins aus dem historischen Nationalsozialismus übernommen.
Neben dem Kampf gegen politische Feinde und das liberale System gibt es für die soldatischen Krieger im Deutschen Sozialismus auch noch die Aufgabe der Grenzsicherung. In Zeiten von Defend Europe Kampagnen gegen die angebliche Masseneinwanderung von Migrant*innen zur Zerstörung von europäischem Volk und Kultur, ist die Abschottung Europas auch für den III. Weg besonders wichtig geworden. Diese Grenzsicherung erfolgt im Rahmen einer noch zu schaffenden Europäischen Eidgenossenschaft. Diese ist gewissermaßen die internationale Ordnung, die dem III. Weg vorschwebt. Dabei entwickeln die verschiedenen Völker Europas ihre eigenen Nationalismen und unterstützen sich gegenseitig. Für den Grenzschutz bildet die Europäische Eidgenossenschaft eine Europa Armee. Diese Armee hat einen europäischen Generalstab und besteht sonst aus den verschiedenen nationalen Armeen, die sich gegenseitig aushelfen. Die Europa Armee soll die Festung Europa ausbauen und innereuropäische Kriege verhindern.
Hier zeigt sich wie nachhaltig das Konzept des Ethnopluralismus auch die militante Naziszene verändert hat. Während in den 90ern Landser mit dem Polacken Tango noch den Hass gegen Osteuropäer*innen predigte, pflegt der III. Weg heute freundliche Beziehungen zu Nazis aus dem nahe gelegenen Stettin, der Ukraine und darüber hinaus. Zwar beansprucht der III. Weg die mit dem zweiten Weltkrieg verloren gegangenen Gebiete im heutigen Polen in ihrem 10 Punkte Programm zurück, allerdings soll dies friedlich geschehen. An dieser Stelle zeigen sich wiederum Unterschiede zum historischen Nationalsozialismus, der das Schaffen von Lebensraum für das Deutsche Volk und die globale Vorherrschaft Deutschlands durch Kriege erreichen wollte.
Ökonomie
Nun kommen wir zu den wirtschaftlichen Vorstellungen des III. Wegs. Der Hauptunterschied zu den bekannten sozialistischen Theorien ist, dass die Ökonomie für den Sozialismus der Partei nicht an erster Stelle steht. Allerdings ist auch dem III. Weg klar, dass das deutsche Volk irgendwie ernährt werden muss und eine funktionierende Wirtschaft alternativlos ist. An dieser Stelle würde sich natürlich ein Verweis auf außergewöhnliche deutsche Ökonomen wie Karl Marx und Friedrich Engels anbieten. Doch deren materialistische Kapitalismuskritik und ihre Sozialismusvorstellungen lassen sich schließlich trotz ihrer deutschen Abstammung nicht in den Deutschen Sozialismus integrieren. Orientiert wird sich schließlich nicht an ökonomischen Klassen, sondern am deutschen Volk. Die Umwälzung der kapitalistischen Gesellschaft und die Errichtung einer befreiten Gesellschaft ist nicht vorgesehen. Der Deutsche Sozialismus steht stattdessen für Reformen im Stil der Sozialpartnerschaft und für die Befriedung des Klassenkampfes.
Angebote für die Befriedung des Klassenkampfes
Das oberste Ziel für die Wirtschaft im Deutschen Sozialismus ist der Erhalt des deutschen Volkes und die soziale Gerechtigkeit für alle Schichten der Volksgemeinschaft. Diese Gerechtigkeit schließt damit natürlich auch Angehörige des Großkapitals mit ein. Der besonders vermögende Teil des deutschen Volkes hat auch konkrete Aufgaben im Deutschen Sozialismus. Mit seinen Fabriken, Unternehmen etc. bildet das Großkapital nämlich das Rückgrat der Deutschen Wirtschaft. Der Deutsche Sozialismus bescheinigt dem deutschen Großkapital auch eine tiefe Verbundenheit mit der Heimat und dem Boden. Aufgrund dieser Verbundenheit sind deutsche Tugenden wie Erfindergeist, Organisationstalent und Fleiß beim Großkapital stark ausgeprägt. Ohne die Bindung an den Boden und die Heimat würden diese Tugenden nur leider verloren gehen.
Allerdings ist das Großkapital auch bedroht. Andere Kapitalfraktionen sind an der Zerstörung der Heimat interessiert und die Vermischung des deutschen Volkes bedroht den Erhalt der so wichtigen deutschen Tugenden. Das mit dem deutschen Boden verbundene Großkapital kann aber nicht wie andere Unternehmen einfach den Standort wechseln oder durch Migrant*innen die Löhne drücken. Die Antwort auf die verzwickte Lage des Großkapitals ist eine nationale Solidarität aller Volksgenossen zum Schutz des nationalen Großkapitals. Diese Solidarität ist jedoch keine Einbahnstraße. Das Großkapital verpflichtet sich, den Interessen der Volksgemeinschaft zu dienen. Dazu zählen die Achtung von Umweltauflagen, Solidarität mit den Armen und Kranken der Gemeinschaft und das Unterlassen der Profitmaximierung auf Kosten der Volksgemeinschaft. Das Privateigentum bleibt im Deutschen Sozialismus als Triebfeder jeder wirtschaftlichen Betätigung und als Lohn des Fleißigen gegenüber dem Faulen erhalten, allerdings wird die Forderung „Eigentum verpflichtet“ im Deutschen Sozialismus rigoros umgesetzt.
Diese moralische Verpflichtung reicht dem Deutschen Sozialismus noch nicht aus, um den Klassenkampf zu befrieden. Damit die Interessen von Arbeitgebern1 und Arbeitnehmern nicht zu dauerhaften Konflikten führen, soll ein Dachverband der deutschen Arbeit gegründet werden. Dieser Verband soll den Interessenkampf überwinden. Der daraufhin entstandene Arbeitsfriede wird durch einen Vertrauensrat aus Unternehmensführung und Belegschaft gewahrt. Falls diese Vermittlung scheitert soll ein soziales Ehrengericht eine Fallentscheidung treffen.
Nun stellt sich die Frage, warum der deutsche Arbeiter sich mit diesen Institutionen und moralischen Verpflichtungen zufrieden geben sollte. In den Schriften von Marx und anderen Sozialisten wird ihm unter anderem die Abschaffung des Privateigentums und eine umfassende Neuverteilung der Reichtümer der Gesellschaft in Aussicht gestellt. Beides lehnt der Deutsche Sozialismus entschieden ab. Was er stattdessen als Kern der Interessen der Arbeiterschaft identifiziert, ist die Anerkennung der erbrachten Leistung. Der deutsche Arbeiter hat nämlich im Kapitalismus seine Berufung verloren. Vorher stand für ihn das Erschaffen von Werken im Vordergrund. Diese schöpferische Arbeit wird allerdings nicht mehr als ehrenvoll angesehen. Inzwischen zählen nur noch die Verdienstmöglichkeiten und Jobs werden gewechselt wie Socken. Alle wollen nur noch schnell und einfach Geld verdienen, während die harte Arbeit als erniedrigend gilt. Um diese Entwicklung umzukehren, sollen als minderwertig betrachtete Berufe gefördert werden. Außerdem wird dem deutschen Arbeiter wieder die Anerkennung der erbrachten Arbeitsleistung zuteil, wodurch er dann nicht mehr die Arbeit danach aussucht wie gut sie bezahlt ist. Einer besonderen Förderung benötigen außerdem Berufe, die keinen Wert im Sinne des Kapitalismus erzeugen. Schriftsteller, Künstler, Lehrer und Hebammen müssen vor der marktwirtschaftlichen Beurteilung bewahrt werden. Zusammengefasst soll dem deutschen Arbeiter wieder gesellschaftliches Ansehen verschafft werden.
An dieser Stelle fühlen sich sicher einige an das Konzept der Sozialpartnerschaft erinnert, das in Westdeutschland der Arbeiterschaft eine gewisse Form von Wohlstand und sozialer Absicherung geboten hat, damit der Klassenkampf befriedet werden konnte. Auch der III. Weg hat kein Interesse an einer Neuordnung der Klassenverhältnisse oder einer ökonomischen und politischen Gleichstellung der Menschen. Stattdessen wird die Ungleichheit der Gesellschaft positiv besetzt, denn ohne eine Vermehrung des Privateigentums fehle dem Menschen der Antrieb für wirtschaftliche Betätigung. Nicht nur an dieser Stelle zeigt sich wie sehr nationalistische und bürgerliche Mythen das Sozialismusverständnis der Partei beeinflussen. Wer Eigentum als Triebfeder des Handelns ansieht, der hat wohl noch nie seinen Nachbarn beim Hausbau geholfen und wer Erfindergeist als biologische Eigenheit der Deutschen ansieht läuft ziemlich blind durch die Welt. Den Preis für die Aufgabe der eigenen Interessen bezahlt vor allem die Arbeiterschaft. Sie hat nun das Glück ausschließlich vom heimischen Großkapital ausgebeutet zu werden.
Vater Staat über alles
Wir wissen bereits, dass für den III. Weg die Gemeinschaft und das Unterordnen unter die angeblichen Volksinteressen an erster Stelle stehen. Diese Denkweise lässt sich ebenfalls auf das eigene Verhältnis zum Staat und zur Wirtschaft übertragen. Der Staat ist für den III. Weg der Repräsentant der Volksinteressen. Er hat daher die Kontrolle über alle Bereiche des Zusammenlebens und alle Menschen müssen sich diesem Staat unterordnen. Damit einher geht ein aggressiver Nationalismus, der die Interessen des Staates in seinem Inneren und nach außen durchsetzen will. Politische Proteste, Streiks, das Ausleben von nicht erwünschten Bedürfnissen oder die Übernahme von Traditionen aus fremden Kulturen sind in dieser Gesellschaft nicht möglich.
Für einen möglichst mächtigen Staat ist auch die Frage nach Verstaatlichung von Wirtschaftszweigen ein wichtiges Thema. Für den III. Weg gilt dabei, dass nur verstaatlicht wird, was verstaatlicht werden muss und nicht was verstaatlicht werden kann. Dazu gehören in diesem Fall alle Industrien, Unternehmen und Dienstleitungen, die die Grundlage für das wirtschaftliche und staatliche Leben bilden oder zur Sicherstellung der Grundversorgung der Bevölkerung beitragen. Konkret wären das Infrastruktureinrichtungen wie Elektrizitätswerke, Wasserwerke und Transportunternehmen, aber auch Krankenhäuser und Schulen. Für den III. Weg sind eine bestmögliche Gesundheitsversorgung und eine gute Bildung Volksinteressen und damit wichtige Aufgaben des Staates. In diesen Bereichen soll auch kein Profit erwirtschaftet werden. Ein Problem, was die Partei als Folge der Verstaatlichung sieht ist eine lahmende Bürokratie in den zuständigen Behörden. Es besteht eine Gefahr durch die Besetzung der Posten mit altgedienten Politikern und durch Korruption. Hier kennt der III. Weg allerdings Lösungen für das Problem. Diese Lösung ist, dass Personen, denen öffentliche Aufgaben anvertraut werden, für vorsätzliche Fehlentscheidungen haftbar gemacht werden können. Diejenigen, die mit bestem Wissen und Gewissen die Mittel des Volkes verwalten, werden wiederum die höchste Anerkennung der Gemeinschaft erfahren.
Auch die beiden befriedeten Klassen müssen für die erhoffte nationale Solidarität sich der staatlichen Kontrolle fügen. Das Großkapital muss im Sinne der Volksgemeinschaft handeln und kann mit seinem Eigentum nicht verfahren wie selbst gewünscht. Der Arbeiter wird wiederum im Sinne der Logik des III. Wegs durch seine geleistete Arbeit diszipliniert. Im faschistischen Staat wird sichergestellt, dass wer seine Leistung vollbringt entsprechend Lohn erhält. Wer hingegen arbeitsfähig ist und diese Leistung nicht erbringt, wird vom Staat zur Bewältigung öffentlicher Aufgaben herangezogen. Mit solchen Maßnahmen müssen die Kranken in der Gemeinschaft hingegen nicht rechnen. Rentner, Kranke und Familien sollen, falls sie sie benötigen, ausreichende Unterstützung durch die Gemeinschaft erhalten. Etwas überraschend ist, dass es einen verpflichteten Arbeitsdienst für die Jugend geben soll. Ab welchem Alter dieser erfolgen soll und in welchem Umfang wird nicht erklärt. Ziel ist es, dass die Jugend das Schaffen von Werken und die Bedeutung der Arbeit für die Volksgemeinschaft kennenlernt.
Der Staat ist für den III. Weg demnach ein ungemein wichtiger Akteur in der Wirtschaft. Wie wir bereits erfahren haben legt die Partei allerdings auch Wert auf das Anhäufen von Privateigentum, welches als Triebfeder jeder wirtschaftlichen Betätigung angesehen wird. Möglichkeiten zur Verbesserung des Privateigentums bietet die raumgebundene Volkswirtschaft. Diese zeichnet sich durch eine möglichst große Autarkie der Wirtschaft aus. Wo es geht soll die Wirtschaft unabhängig sein und sich selbst versorgen können. Von dieser lokalen Wirtschaft profitiert auch der deutsche Arbeiter. Durch die raumgebundene Volkswirtschaft ist er nicht mehr der internationalen Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt ausgesetzt.
Allerdings sollen die internationalen Beziehungen nicht vollkommen eingefroren werden, da es immer noch Ressourcen gibt, die in Deutschland nicht vorhanden sind. Eine Austausch von Rohstoffen und produzierten Gütern ist dementsprechend weiterhin möglich. Was genau die Grenzen für diesen Austausch zwischen den Nationen sind, wird nicht wirklich deutlich. Es entsteht allerdings der Eindruck, dass eine eher rohstoffarme Nation wie Deutschland in dieser neuen Weltordnung einige Probleme haben dürfte Die bestmögliche Autarkie Deutschlands hat dem III. Weg zufolge auch positive Auswirkungen auf andere Nationen. Diese seien nicht mehr auf den Anbau von Monokulturen angewiesen und zu dem Export ihrer Rohstoffe gezwungen, sondern können ihre Ressourcen selbst nutzen. Hauptsache jeder bleibt an seinem Platz und mischt sich nicht in die Wirtschaft des Anderen ein.
Während bei der staatlichen Kontrolle über die Gesellschaft relativ klare Vorstellungen benannt werden, wird die raumgebundene Volkswirtschaft nur undeutlich beschrieben. Welche Wirtschaftsbereiche in der Zukunft das Leben des deutschen Volkes bestimmen sollen wird nicht näher erläutert. Beim Lesen stellt sich allerdings das Gefühl ein, dass der III. Weg eine Art ökologischen Agrarstaat aufbauen möchte. Eine klare Aussage findet sich hier jedoch nicht. Dies liegt an einem Widerspruch, den der III. Weg derzeit noch nicht auflösen kann.
Es ist offensichtlich, dass der III. Weg das deutsche Volk für das beste Volk auf der Welt hält und von einer großartigen Zivilisation träumt, wenn Migrant*innen, Linke und andere Störenfriede erst einmal beseitigt sind. Gleichzeitig leitet der III. Weg aus dieser Erkenntnis keine deutsche Vorherrschaft in der Welt ab, weil die Partei durch den Ethnopluralismus auch an ein gleichberechtigtes Europa der Vaterländer glaubt. Die Partei sehnt sich gleichzeitig nach nationaler Übermacht und nach einem gemeinsamen Kampf der weißen Rasse gegen die weltweite Bedrohung durch Migration. Sie möchte gerne einen faschistischen Agrarstaat aufbauen, der die Umwelt schont und ein dauerhaftes Überleben mit alten Werten sichert. Die Erinnerung an eine Zeit in der Millionen Soldaten für Deutschland Krieg führen ist aber auch noch nicht verblasst. Die Partei müsste demzufolge entweder die immer wieder anklingenden Hoffnungen auf eine deutsche Übermacht vergessen oder die eigenen ökologischen Werte aufgeben. Wirklich bereit für eine Entscheidung, scheint die Partei noch nicht zu sein.
Wenig überraschend findet sich auch in diesem Kapitel keine Anleitung zur sozialen Revolution. Auch eine grundlegende Veränderung der Wirtschaftsweise ist nicht angedacht. Zwar will der III. Weg ökologischer und lokaler wirtschaften, jedoch ist eine Veränderung der Produktionsverhältnisse, der Arbeitsteilung oder der Verteilung von Ressourcen nicht angedacht. Im Endeffekt soll der Kapitalismus mal wieder gezähmt werden. Es existiert auch keine Vorstellung davon wie eine andere Wirtschaftsform aufgebaut werden könnte. Stattdessen finden sich Forderungen, die vor allem der Sozialdemokratie ähneln. Doch in Kombination mit dem übermächtigen Staat der Nazis ist ein Erfolg dieser Maßnahmen noch weniger realistisch als beim historischen Nationalsozialismus. Eine Haftung für Entscheidungsträger in Behörden klingt beispielsweise erstmal nach einer sinnvollen Maßnahme, die Korruption erschweren könnte. Nur haben sich faschistische Staaten bislang nicht wirklich durch eine ausgeprägte Fehlerkultur und das Hinterfragen von mächtigen Kadern ausgezeichnet. Dass dies ausgerechnet dem III. Weg gelingt, darf bezweifelt werden.
Fazit
Der Deutsche Sozialismus ist für die große Mehrheit der Menschen, die sich in der Tradition sozialistischer Bewegungen sehen eine Mogelpackung. Das große sozialistische Versprechen von einer Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung der lohnabhängigen Klasse ist kein Bestandteil des Deutschen Sozialismus. Ursache dafür ist der Glaube an die Existenz von Völkern, die umfassende genetische Unterschiede aufweisen. Aus dieser Annahme entwickelt der III. Weg seinen Deutschen Sozialismus um die angeblichen Interessen dieses Volkes herum. Bereits an dieser Stelle bricht der Deutsche Sozialismus durch die Konfrontation mit der Wirklichkeit zusammen. Es gibt einfach keine menschlichen Rassen oder genetisch voneinander unterscheidbare Völker.
Da das Volk der zentrale Inhalt des Deutschen Sozialismus ist, werden Klassenverhältnisse, ökonomische Unterschiede, Produktionsprozesse und andere zentrale Inhalte sozialistischer Theorien nur nachrangig behandelt. Die soziale Frage und die ökonomischen Verhältnisse stehen nicht im Mittelpunkt, sondern die nationalen Interessen. Darunter leidet in erster Linie der Teil der Bevölkerung, der in der kapitalistischen Lebenswelt klar benachteiligt ist. Die Angebote des III. Wegs an diesen Teil der Bevölkerung ist eine stärkere Anerkennung der Arbeitsleistung, sozialdemokratische Reformen und das Leben in einer Volksgemeinschaft. Eine Verbesserung der Lebensgrundlage oder das Aufbrechen der kapitalistischen Machtverhältnisse ist nicht vorgesehen. Damit bietet sich der Deutsche Sozialismus nur für die Teile der Bevölkerung an, die gar keine wirtschaftlichen Verbesserungen erreichen wollen. Wer von globaler Ungerechtigkeit, Ausbeutung und mangelnder Mitbestimmung die Schnauze voll hat, kann vom Deutschen Sozialismus nichts erwarten.
Anders sieht die Lage für all jene aus, die den Kapitalismus als Wirtschaftsform nur etwas einengen wollen und die Hoffnung auf den Aufstieg in diesem System nicht aufgeben wollen. Die Anhäufung von Privateigentum, die Verteilung der Produktionsmittel und die Hierarchien in den Unternehmen bleiben schließlich unangetastet. Für die Teile des Großkapitals, die sich der nationalen Sache schon immer verbunden gefühlt haben und die mit lokaler Produktion deutsche Bedürfnisse befriedigen wollen, ist diese Wirtschaftsweise sicherlich auch attraktiv. Es ist aber gleichzeitig klar, dass bei der momentanen wirtschaftlichen Ausrichtung Deutschlands die Ideen des III. Wegs bei den meisten Reichen und Mächtigen nur Kopfschütteln auslösen. Die autarke raumgebundene Volkswirtschaft wäre definitiv kein Weg zu neuer Größe, sondern ein Zusammenbruch der deutschen Wirtschaft mit Ansage.
Etwas besser könnte der Deutsche Sozialismus allerdings bei Aussteigern und völkischen ökologischen Bewegungen ankommen. Sollte der globale Kapitalismus zusammenbrechen wäre eine Wirtschaft mit lokalen Ressourcen definitiv sinnvoll. Nur stellt sich dann die Frage wozu es dann einen solchen übermächtigen Zentralstaat eigentlich braucht. In den Zeiten, die sich durch kleinteilige Wirtschaftsweisen und Vorrangig die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse ausgezeichnet haben, existierten die modernen Nationalstaaten noch nicht. Würde sich der III. Weg wirklich für ökonomische und soziale Zusammenhänge interessieren, wäre das der Partei bereits selbst aufgefallen.
Ein weiteres Problem für den III. Weg ist die Vereinbarung von Kernelementen des großen Vorbilds dem NS Staat und den modernen Gegebenheiten. Sehr offensichtlich wird dieses Problem bei der Idealisierung des Soldaten. Es gibt in der Utopie des Deutschen Sozialismus einfach keine Verwendung für eine moderne Armee. Nachdem die Feinde im Inneren besiegt sind und die europäische Eidgenossenschaft aufgebaut wurde, gibt es keinen Grund für große Kriege. Dass deutsche Soldaten dann an der Grenze Migrant*innen abwehren sollen ist ebenso sinnlos. Solche Aufgaben werden schon heute von Polizeibehörden erledigt. Eine Armee mit Panzern, Luftwaffe und Kriegsschiffen wäre für diese Aufgabe vollkommen überqualifiziert. Solange Migrant*innen nicht mit Armeen versuchen Europa zu erobern, ergibt dieser Gedanke keinen Sinn. Im historischen Nationalsozialismus wurde die ganze Nation auf Krieg vorbereitet, weil dieser seit der Machtübernahme geplant war. Warum eine ganze Nation Kriegstüchtigkeit herstellen sollte, wenn die Nachbarländer sich friedlich gegenüberstehen, bleibt ein Rätsel.
Auch die Frage, ob man jetzt eigentlich nationale Größe erreichen will oder einen lokalen Agrarstaat errichten will, kann nicht klar geklärt werden. Das Dritte Reich mit seinen Monumentalbauten, gleichgeschalteten Institutionen und einer gewaltigen Armee ist für den III. Weg prägend. Der Wunsch nach nationaler Größe, die schließlich auch im eigenen Erbgut angelegt sei, ist unverkennbar. Allerdings hat sich der NS Staat nicht nur durch lokale Ressourcen aufgerüstet, sondern durch eine sehr geschickte Wirtschaftspolitik Investitionen und Ressourcen aus dem Ausland in das Land gelockt und anschließend die Ressourcen der eroberten Gebiete schamlos ausgebeutet. Mit Nachhaltigkeit und einer Beschränkung auf die eigenen Ressourcen, hatte der NS Staat wenig zu tun. Daher kollabieren die Wirtschaftsvorstellungen des III. Wegs, wenn Ideen aus dem historischen Nationalsozialismus mit modernen Ideen von Nachhaltigkeit zusammengebracht werden sollen.
Allgemein muss festgestellt werden, dass die theoretische Grundlage des III. Wegs zum Sozialismus noch recht dürftig ist. Das Kapitel besteht nur aus sechzehn Seiten und befasst sich neben dem Deutschen Sozialismus auch mit dem eigenen Verständnis des Kapitalismus und grenzt sich viel vom Kommunismus ab. Es fehlt im Kapitel an mehreren wichtigen Definitionen. Ab wann jemand Arbeiter ist oder was nach ihrem Verständnis Kapital ist, wird nicht genau erklärt. Doch auch schon bei dieser kurzen Beschäftigung mit dieser faschistischen Utopie lässt sich eine Vielzahl an möglichen Kritikpunkten identifizieren. Das sollte ein Ansporn für antifaschistische Kräfte sein, sich mit den Ideen der Nazis auseinanderzusetzen und die eigenen weitaus besseren Ideen für eine bessere Gesellschaft dagegenzuhalten. Wer sattelfest in den eigenen revolutionären Vorstellungen ist und den Aufbau sowie die Schwachpunkte der Utopie des III. Wegs kennt, braucht sich in einer inhaltlichen Auseinandersetzung nicht zu verstecken. Diese Auseinandersetzung sollten wir führen, um die Nazis in Erklärungsnot zu bringen und unsere Ideen wieder in der Bevölkerung zu verankern.
Was wir aber nicht vergessen sollten ist, dass diese Schrift sicherlich nicht dafür geschrieben wurde, um linke Sozialisten vom Deutschen Sozialismus zu überzeugen. Bei patriotischen Deutschen, die rassistische Denkmuster gewöhnt sind und den Kapitalismus doof finden, kann der Deutsche Sozialismus hingegen sicherlich verfangen. Wer an die Existenz von Völkern als Wahrheit ansieht findet es sicherlich einleuchtend, dass die Aufgabe des Staates darin besteht, einen Ausgleich zwischen den Volksgenoss*innen zu finden. Auch fast schon satirische Ideen wie die Schaffung eines Ehrengerichts zur Beilegung von Konflikten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern macht für denjenigen, der an den besonders edlen Deutschen glaubt, Sinn. Dass der III. Weg die ökologische Frage in seinem Programm verankert, sorgt zwar für Probleme, diese dürften dem Kernklientel aber eher egal sein. Wer das deutsche Wesen bis zu den Germanen zurückverfolgt, interessiert sich nicht für die ökonomischen und gesellschaftlichen Grundlagen des modernen Nationalstaats. Was die Nazis hingegen auch in ihrem persönlichen Umfeld wahrnehmen sind die Auswirkungen der Kapitalistischen Wirtschaft auf ihre Umwelt. Was sie davon wahrnehmen und wen sie dafür verantwortlich machen, ist Thema im nächsten Kapitel.
1 Da im Deutschen Sozialismus Frauen keiner Erwerbsarbeit nachgehen, verzichten wir bewusst an dieser Stelle auf geschlechtergerechte Sprache.